Schnittgrößenermittlung und Imperfektionen

Die Schnittgrößenermittlung kann nach Theorie 1. und 2. Ordnung erfolgen. Eine Berechnung nach Theorie 2. Ordnung empfiehlt sich grundsätzlich immer dann, wenn im Tragwerk große Druckkräfte vorhanden sind, die durch auftretende Verformungen zusätzliche Beanspruchungen verursachen. Der Grenzzustand wird in diesem Fall für das verformte Tragwerk nachgewiesen. Nach DIN 18800 sind generell dann Tragwerksverformungen zu berücksichtigen, wenn sie zur Vergrößerung der Beanspruchung führen.

Der Einfluss von Abweichungen vom planmäßigen Tragverhalten infolge geometrischer und struktureller Imperfektionen ist durch die Annahme von geometrischen Ersatzimperfektionen zu erfassen. In den vereinfachten Tragsicherheitsnachweisen (Stabilitätsnachweise nach dem Ersatzstabverfahren) sind die Ersatzimperfektionen bereits im Ansatz berücksichtigt.

Die Eingabe von Imperfektionen gemäß DIN 18800 kann entweder über Verformungsgrößen (Vorverdrehungen und Vorkrümmungen) oder alternativ in Form von Ersatzlasten erfolgen. Für die Bestimmung der Größe und Richtung der anzusetzenden Ersatzimperfektionen sind maßgebend:

-Geometrische Gegebenheiten (globale Tragwerksgeometrie, Stablänge, Anzahl der Stützen pro Geschoss, evtl. die Profilform und –lage).

-Die jeweiligen Belastungszustände (Lastfallkombinationen).

-Die Kriterien, ob das System nur nach DIN 18800 Teil 1 (nicht stabilitätsgefährdet) gerechnet werden kann oder nicht.

-Das gewählte Nachweisverfahren (E-E oder E-P).

Vorverdrehungen:

Zu Berücksichtigen ist der größte Stabdrehwinkel der Vorverdrehungen:

L ist die Stockwerkshöhe in Metern (Reduktionsfaktor bei langen Stäben mit L > 5m), n die Anzahl der Stiele pro Geschoss

Bemerkungen:

-Falls nur nach DIN 18800 Teil 1 gerechnet zu werden braucht (Tragwerk nicht stabilitätsgefährdet), kann

angesetzt werden und es darf ohne Vorkrümmung gerechnet werden.

-Beim Nachweisverfahren E-E sind nur 2/3 j0 anzusetzen.

-Falls auch nach DIN 18800 Teil 2 gerechnet wird, muss die Knickbiegelinie durch die Ersatzimperfektion möglichst gut nachgebildet werden, d.h. die Knickfigur und die Verformungsfigur sind lastkombinationsweise in Vorberechnungen zu ermitteln, um die Ausweichrichtungen der Imperfektionen angeben zu können.

Ist eine Berücksichtigung des Winkels nicht möglich, kann alternativ die Vorverdrehung auch durch eine Ersatzlast (Gleichgewichtsgruppe) definiert werden:

Vorkrümmungen:

DIN 18800 Teil 2 fordert als Imperfektionen zusätzlich eine Vorkrümmung der Stäbe. Der Stich der Vorkrümmung w0 ist aus DIN 18800 Teil 2, Tab. 3 in Abhängigkeit von Querschnitt und Knickspannungslinie zu entnehmen.

Bemerkungen:

- Ein gleichzeitiger Ansatz von Vorverdrehungen und Vorkrümmungen ist nur bei Stäben vorzunehmen, deren Stabkennzahl e > 1.6 ist (schlanke Stäbe).

- Beim Nachweisverfahren E-E sind nur 2/3 der Ersatzimperfektionen anzusetzen. Die Vorkrümmungen dürfen ebenfalls als Ersatzquerbelastung vorgegeben werden (quadratische Parabel):